Offenbar sind die Aufsichtsräte der DAX30-Unternehmen nicht an Transparenz hinsichtlich der Personalarbeit interessiert. Denn sie akzeptieren Geschäftsberichte, in denen die Rubrik „Mitarbeiter“ nur rudimentär gefüllt wird. Die Fachzeitschrift „Der Aufsichtsrat“ veröffentlichte dazu eine Studie zu 581 Aufsichtsräten, bei der unter anderem Gerhard Cromme sowie Martin Winterkorn mit einer Erfüllungsquote von 15% tief im „unteren Bereich“ der Rangliste landen.
„Fast zwei Drittel der deutschen Aufsichtsräte bekommen für das Mitarbeiter-Reporting im Geschäftsbericht ein klares Ungenügend“, so Professor Dr. Christian Scholz von der Universität des Saarlandes, der mit seinem Team diese Auswertung für die Fachzeitschrift „Der Aufsichtsrat“ vorgenommen hat.
Dazu wurden 24.430 Seiten Geschäftsberichte und 7.318 Seiten Personal- beziehungsweise Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen analysiert, die in den Geschäftsjahren 2009 bis 2011 zu den DAX30-Konzernen gehörten. Grundlage der Untersuchung bildet der HCR10-Standard für eine angemessene Mitarbeiter-Berichterstattung, der von Christian Scholz und Thomas Sattelberger (ehemaliger Telekom-Vorstand) in Zusammenarbeit mit Vertretern aus Wissenschaft und Praxis in Einklang mit internationalen Bestrebungen festgelegt wurde.
„<Personnel matters> ist eine wichtige Erkenntnis, die sich in der Aufsichtsratsberichterstattung noch nicht annähernd in befriedigender Weise niedergeschlagen hat“ kommentiert der geschäftsführende Herausgeber der Zeitschrift „Der Aufsichtsrat“, Prof. Dr. Dr. Manuel Theisen, die Ergebnisse.
Erstaunlich: Vorstände wie Martin Winterkorn von VW schaffen es als Aufsichtsrat nicht, ihre eigene exzellente Personalberichterstattung in Unternehmen zu exportieren, in denen sie im Aufsichtsrat sitzen. Besonders negativ fallen die extrem niedrigen Werte für multiple Aufsichtsräte wie Gerhard Cromme auf. Dass auch die Gewerkschaften wenig Interesse an einer Personalberichterstattung im Geschäftsbericht haben, zeigt der niedrige Wert für den Vorsitzenden der Gewerkschaft ver.di, Franz Bsirske in seiner Rolle als Aufsichtsrat.
„Obwohl sich die Aufsichtsratsberichterstattung an die Aktionäre in den letzten Jahren deutlich verbessert hat, weist die Saarbrücker Studie bei der Personalberichterstattung auf bedenkliche Defizite hin“, kritisiert Manuel Theisen.
„Was wir brauchen, ist eine Professionalisierung der deutschen Aufsichtsräte im Feld Personalmanagement,“ so die Schlussfolgerung von Christian Scholz. „Nur so kann ein Aufsichtsrat einen transparenten von einem schlechten Geschäftsbericht unterscheiden.“
Das vollständige Ranking kann kostenlos über scholz@orga.uni-sb.de bezogen werden. Der vollständige Artikel erschien am 15. Juni in der Zeitschrift „Der Aufsichtsrat“.
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Dr. Stefanie Müller,
Lehrstuhl für Organisation, Personal- und Informationsmanagement
(Univ.-Prof. Dr. Christian Scholz)
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